Dienstag, 7. Mai 2024

Riva Bike Marathon

Zur Saisoneröffnung ruft das Bike Festival alljährlich tausende Laktatjunkies an das Nordufer des Gardasees, dieses Jahr bereits in der 30. Jubiläumsauflage!
 
Nach 1 jähriger Abstinenz dieses Festivals, bedingt durch unsere Cape Epic Teilnahme 2023 stand bereits relativ zeitig fest, dieses Jahr zurückzukehren! In der Vergangenheit reiste ich immer mit Eric, in früheren Jahren sogar mit Sportfreund Tobi und weiteren Freunden des Geländesports an. Dieses Jahr war Eric aufgrund eines wichtigen Oberliga Radballspiel verhindert, so musste Ersatz her, Langzeitfreundin Susi musste ich nicht lange bitten, eine Ausfahrt an den Lieblingssee zu unternehmen!
Wir reisten am Mittwoch an, Donnerstag begann das Festival und damit auch der angesagte Dauerregen, alles nicht so schlimm, bei reichlich gutem Kaffee, Gelato und Pizza vergingen die Tage wie im Flug. Beim Bike Festival selbst stellen alle erdenklichen Fahrrad- und Zubehörhersteller ihre neuesten Schöpfungen zur Schau und zeigen zum Teil Neuerungen für die nächste Saison. Bei meiner ersten Teilnahme 2016 präsentierte sich hier aber ein ganz anderes Bild, so kann ich mich noch gut erinnern, dass der Fokus klar auf XC Racebikes lag, knallharte Leichtbauflundern in Form von Hardtails und 100 mm Racefullys welche nur so nach Vortrieb gierten. Was sich dieses Jahr gezeigt hat, war ein ganz anderes Bild, erste sehr große Hersteller waren gar nicht mehr zu finden, die Messestände der Radhersteller fast ausschließlich mit E-MTB's, Enduros oder Gravelbikes versehen. Knallharte, leichte und kompromisslose Renngeräte sucht man fast wie die Nadel im Heuhaufen. Sind wir etwa eine aussterbende Spezies? Will sich niemand mehr dem Laktatfeuerwerk und den damit verbundenen Glücksgefühlen hingeben?
Ich bin gespannt, wo die Reise hingeht und vor allem wo wir in 5 Jahren stehen!

Der Start beim Marathon selbst stand bis am Vorabend für mich noch in den Sternen, so war das Wetter hier derart schlecht gemeldet und ich folglich nicht motiviert hier 3,5h im Regen durch die Berge zu kneten. Gewissermaßen habe ich letztes Jahr in Südafrika eine Abneigung zu Regenrennen entwickelt und jünger wird man ja auch nicht, oder besser gesagt - mit zunehmendem Alter wird es wahrscheinlich schwieriger, seine Komfortzone zu verlassen. Andererseits weiß ich um den extremen Verschleiß sämtlicher Elemente am Fahrrad bei diesen Bedingungen und da wir komplett ohne Materialsponsoring unterwegs sind, überlegt man im gesetzteren Alter mehr, sich einer solchen Schlacht auszusetzen.
Gänzlich unkompliziert war dann am Vorabend aber die Registration, das Wetter versprach heiter zu werden und so entschied ich mich für einen Start.
Der nächtlich gefallener Regen ließ meine Motivation frühmorgens wieder etwas sinken, aber die Startnummer war am Lenker und die doch nicht ganz unerheblichen 85 Euro Startgebühr entrichtet, so hieß es nun Zähne zusammenbeißen!

Die Startblöcke waren sauber unterteilt in Lizenz- und Hobby-Piloten, und zusätzlich in die 3 zur Option stehenden Distanzen. Ich hatte Glück und konnte mich relativ weit vorn einordnen. Der Startschuss fiel pünktlich 7.55 Uhr und der riesige Tross setzte sich gemütlich in Bewegung, unüblich langsam ging es zu und so gelang es mir, in den ersten flachen Kilometern im Alleingang zur Spitze zu fahren. Der erste und zugleich längste Anstieg begann recht schnell, ich wusste um die bevorstehenden 900 hm am Stück und fuhr in konstanten Wattzahlen, vorbei am Tennosee, dem ersten Gipfel entgegen. Die Beine drehten gut, wenngleich so eine erste Rennbelastung im Jahr stets einen kleinen Schock für das System darstellte. Lediglich die Trikotage spannte wieder etwas über den Bauch, auch das ein all jähriges Problem zu Saisonbeginn. Der erste Downhill folgte und machte einen leichten Vorgeschmack auf das, was noch folgen sollte... reichlich Matsch und Schlamm! Vor lauter Aufregung vergaß ich ganz, meine neu montierte Variostütze zu benutzen und pflügte in "old school" Haltung gen Tal.

Zufrieden und sturzfrei die erste Abfahrt geschafft, zum einen meine ersten Trailmeter dieses Jahr - und das kennen wir aus dem letzten Jahr in Südafrika, sind diese Meter die gefährlichsten! Zum zweiten hält das komplett neu aufgebaute Racebike anscheinend auch stand, nichts klappert oder ist gar abgefallen - ein gutes Zeichen! Der zweite längere Uphill stand bevor, etwa 600 hm mit immer wieder folgenden extrem steilen und rutschigen Schlammauffahrten, ich hatte Glück und konnte jede Passage fahrend bewältigen. Zum einen hatte ich neue Reifen montiert, was anscheinend doch einen Unterschied macht, weiterhin schreibe ich dem ovalen Kettenblatt in solchen Passagen größerer Bedeutung zu und zu guter Letzt hatte ich anscheinend ein glückliches Händchen bei der Wahl des Luftdrucks, so konnte ich stetig Fahrer um Fahrer überholen!

Im zweiten längeren Downhill dachte ich dann an meine neue montierte versenkbare Sattelstütze und nahm diese auch zur Hilfe, welch ein Zugewinn an Sicherheit! Auf nun doch schon recht rauen Streckenabschnitten mit Kindskopf großen und runden Steinen wurde von Mensch und Material alles abverlangt, Sattel runter, Bremsen auf und ab damit. Mit steigender Geschwindigkeit rollte die Fuhre souveräner über die rauen Passagen und mit dem nun riesigen Spielraum unterm Hintern, dank 125 mm tiefergelegtem Sattel, fuhr sich das Rad nun um Welten handlicher als bisher! Warum habe ich nur so lange gewartet auf die Montage einer solchen Sattelstütze, zumindest hier im rauen Italien ein riesiger Gewinn!

Im letzten nur etwa 300 hm umfassenden Anstieg, überholte ich dann relativ souverän die deutsche XC Worldcup Fahrerin T. Schwenk und fuhr weiter solides Tempo am Berg, gegen Ende merkte ich aber dann langsam die Auswirkungen meiner eigenen Unterverpflegung mit Flüssigkeit - der Hammermann winkte schon aus der Ferne, ein Glück das der Kulminationspunkt eher kam. So leicht angegraut stürzte ich mich in den finalen Downhill Richtung Riva, aus meiner Teilnahme von 2022 wusste ich noch um die sehr technische Abfahrt! Damals war diese staubtrocken und fordernd, dieses Jahr kamen Unmengen von Schlamm dazu und machten diesen Downhill zu einem Himmelfahrtskommando. Ich fuhr so viel wie es ging, musste aber einzelne Passagen ganz klar schiebend bewältigen, hätte man vielleicht auch versuchen können zu fahren, mein oberstes Ziel war aber gesund und sturzfrei das Ziel zu erreichen! Die Krux beim Schieben war aber, dass sich die Schuhe derartig schnell mit klebrigem Schlamm zu setzen, dass ein Einklicken in die Pedale fast unmöglich wurde. Eine Lektion Fahrtechnik bekam ich dann von voran erwähnter Worldcup Fahrerin Frau Schwenk, diese überholte mich als einzige im Downhill und das etwa so schnell, wie ich Uphill an ihr vorbei bin... peinlich. Irgendwann nahm der Trail ein Ende und die letzten Kurven durch Olivenhänge ins Ziel führten über bestens bekannte Wege.

Im Ziel stand dann ein 5. Platz bei den Hobby Piloten zu buche, in Anbetracht aller Tatsachen ein für mich zufriedenstellendes Ergebnis.
Im Bereich der Zielverpflegung ergaben sich dann viele interessante Gespräche mit bekannten Gesichtern aus ganz Deutschland, immer wieder schön zu sehen, wie Sport verbindet und wo man sich immer wieder trifft.