Freitag, 8. Juli 2022

Transalp 2022 Etappe 6 San Martino - Lavarone 117km 3089hm

Am gestrigen Abend kühlte es sich nach einem Gewitterguss ordentlich ab, beim Gang zum Abendessen war sogar eine lange Hose von nöten. Unsere Unterkunft diesmal eine Jugendherbergs ähnliche Bettenburg, bereits das einchecken gestaltete sich schwierig - einzig positiv die Räder fanden Platz auf dem Zimmer. Die Nacht war unruhig, unter unserem Balkon feierte die Transalp Crew eine Party (das haben die Jungs und Mädels sich auch reichlich verdient!) mit besten Ballerman Hits aus den Boxen ließen sie es ordentlich krachen! Auf den Gängen unsere Unterkunft tobten Pubertierende Ragazzi auf und ab - Eric's nerven am Limit!

Irgendwie überstanden wir die Nacht und fanden uns etwa 7.40 Uhr im Startbereich ein, wieder war unklar welche Kleidung gewählt werden sollte, waren die Temperaturen früh etwa um 8 Grad. Wir entschieden uns für kurz/kurz mit Armlingen und Windweste.

Kurz vor 8 Uhr fanden wir uns in den vorderen Startreihen ein. Die Zähne klapperten und noch etwas verschlafen knallte der Startschuss. Zu Beginn leicht Bergauf durch San Martino dann in leichtem Sägezahnprofil durch den Wald. Langsam kam Temperatur in den Laden und schnell war klar, die Windweste hätten wir weg lassen können. Das Feld zog sich langsam in die Länge und es folgte eine angekündigte Schiebepassage - alle mussten schieben, nichts fahrbar. Unglücklich für Rudi's Knie, dies machte sich in diesem Abschnitt wieder bemerkbar. Eine kurze Waldweg Abfahrt folgte um mit reichlich Geschwindigkeit in eine lange Stone Garden ähnliche Wiesenwegpassage zu nageln... Sehr Grob mit jeder Menge Steinkanten die prädestiniert für Durchschläge und Reifenschäden sind. Alle Taten sich mit diesem Abschnitt schwer, unmittelbar am Ende des Polterwegs verlor Rudi eine Trinkflasche - er fuhr zu dem Zeitpunkt etwa 50 Meter vor mir, dreht sich kurz um und rief laut "Flasche". Sofort war mir klar was los war, hielt ich kurz an, suchte die noch volle Trinkflasche im Gras und setzte zur Aufholjagd an. Unglücklicher Weise ging es nun in eine high speed Abfahrt. Aufgrund meiner Windweste war das verstauen der Flasche im Trikot schlecht möglich. So nahm ich Deckel/Verschluss in den Mund, hielt mit den Zähnen fest und knallte Eric hinterher! Musste ja alles irgendwie schnell gehen.

Wir rollten mit gut Tempo in den Schotterweg Gegenanstieg, hier gelang mir das aufschließen zu Rudi - Flaschenübergabe. Wir überholten noch ein paar Fahrer im kurzen Anstieg und schon ging es rechts ab in eine tolle Trailabfahrt, zu unserem Unglück unmittelbar hinter einem etwas reiferen 2er Team. Ahnte Ich schon die Problematik das wir nun den kompletten Downhill hinterher rollern müssen... dem war auch so, ein sicheres überholen nicht möglich. 900 Tiefenmeter musste wir nun hinterher und genau das hat uns heut hintenraus betrachte zu viel Zeit gekostet. Im Tal angekommen waren wir ein größeres aufgestautes Grupetto, ein Asphaltstraßen Flachstück folgte und mir wurde es zu langsam.

Eric schaute kurz zu mir und gab Zeichen, ich trat mit ordentlich Dampf ca 1 Minute an um die Gruppe etwas zu teilen, Eric hinter mir im Windschatten. 2 Solisti gelang es zu folgen und so nahmen wir zu 4. Tempo auf. Das Durchwechseln im Wind funktionierte nicht ganz nach meinem Geschmack, so spannte größtenteils ich vor um Tempo zu machen. Es ging leicht aber stetig Bergauf, vor uns in Sichtweite eine größere Gruppe... ich wollte gern aufschließen um selbst kurz Windschatten genießen zu können, war aber die Steigung, genau wie gestern, etwas zu viel um Rudi im Windschatten mit zu ziehen. Da ich auf dem Höhenprofil eine Feedzone sah, welche ca 4 km entfernt war, bat ich Eric um seine Flaschen um vor zu fuhren. Schnell konnte ich mich nach vorn absetzen und das Gruppetto erreichen, kurz genoss ich selbst den Sog der Masse und schon war Verpflegungspunkt 1 erreicht.

Die Windweste konnte ich nun ablegen und unsere Flaschen befüllen, wieder war die Situation unübersichtlich und so war ich der Annahme Eric sei schon vorbei gefahren, so nahm ich die Verfolgung auf und fuhr in straffem Tempo in den ersten langen Anstieg des Tages - knapp 1300hm. Ich überholte Fahrer um Fahrer und Team um Team bis mir klar wurde, Rudi muss hinter mir sein. Alles halb so schlimm dachte ich mir, die Blase drückte gewaltig und so suchte ich mir ein schönes Fleckchen um das nötigste zu verrichten. Nach etwa 4 Minuten Standzeit kam mein Rudi um die Ecke, Erleichterung und gemeinsames weiterfahren zu Gipfel Passo 5 Croci.

Auf dem Weg zum Gipfel gelang es uns noch mehrere Teams zu überholen und gingen wieder zu viert, die 2 Solisti vom Tal waren wieder dabei, in die lange etwa 1700 Tiefenmeter umfassenden Serpentinen Schotter/Asphaltabfahrt. Wir ließen wieder fürchterlich schnell laufen, gelang es uns doch nicht die 2 Solisti abzuschütteln, auch nach vorn waren immer wieder 2 rote Trikots erkennbar - kamen diese aber auch nicht näher... ich konnte es kaum glauben, hat das doch die Tage vorher immer funktioniert. Eric hinter mir frästen wir im Tiefflug Richtung Valsugana, ein paar undurchsichtige Verkehrssituationen und Ortsdurchfahrten später spuckte uns die Strecke auf einem Radweg aus.

Etwa 25 Kilometer Radweg mit ganz minimaler Steigung warteten auf uns, immer noch zu viert unterwegs, fuhr ich von vorn. Bei Eric und mir ist immer sofort klar - in solchen Situationen fahre ich vor und er macht sich möglichst klein dahinter, Kräfte sparen um im Uphill möglichst gut die Keule schwingen zu können. Ich zeigte einen Führungswechsel an und keiner machte Anstalten... die Gruppe funktionierte nicht. Ganz schlecht wenn nun knapp 1h flacher Radweg ansteht. Klar ist das immer so eine Sache wenn 2 Teamfahrer und 2 Solisten in einer Gruppe fahren wer wie viel investiert - ein klein wenig einbringen kann man sich aber! Nachdem es mir dann zu bunt wurde und überhaupt keine Gruppendynamik aufkam, mein Blutzuckerspiegel scheinbar auch am Tagestief war - gab es nur 2 Optionen, entweder ich werde hier gleich mächtig laut oder ich greife mir Rudis Flaschen, fahre im Soloritt die Lücke zur nächsten Gruppe zu und Fülle unsere Flaschen an Feedzone 2. Gemütsmensch wie ich bin, halte ich meinen Mund und gebe Gas!

Mit ordentlicher Schlagzahl auf der Kurbel hatte ich zügig die vor uns fahrende 2er Gruppe erreicht, 2 Solisti welche wechselnd im Wind fahren. Ich stoße dazu und das Kreiseln beginnt! So gehört sich das! Wir harmonierten super und machten mächtig Meter, diese Gruppe hätten wir von Anfang an erwischen sollen, dann hätten wir mächtig Zeit gut gemacht! Der Verpflegungspunkt kam und unser Vogtländischer Freund wartete bereits. 4 Flaschen mit Iso gefüllt und schon kam Rudi mit den 2 Solofahrern im Schlepptau an. Schnell ein Stück Melone in den Mund und weiter ging es!

Die restlichen 10km flacher Radweg musste gedrückt werden, unser Glück war ein Junger deutscher Fahrer mit Lilia Farbenen S-Works Harttail welcher auch ordentlich Bumms in deinen Beinen hatte! Wir 2 wechselten immer durch und der Rest sah zu hinten dran zu bleiben... ein riesen Gaudi. Grüße an den S-Works Fahrer wenn du dies ließt - Klasse mitgemacht!

Der Radweg endete in einen recht schnellen flachen Trail, wir fuhren auf die nächste Gruppe auf. Prima, so macht das Spaß! Ab Caldonazzo begann der Schlussanstieg, etwa 600hm mit zum Ende hin auf/ab Crosscountry Charakter. Am Fuße der Rampe stand Elias Edlers Mutter mit Begleitung Mario am Straßenrand auf uns wartend. Sie hatten Wasser für uns vorbereitet, ich benötige nichts, konnte mich aber gänzlich meiner Windweste entledigen, Rudi tat es mir gleich. Vielen lieben Dank dafür Madlen und Mario! Im recht großen Gruppetto gingen wir in die Rampe - nun begann das was abzusehen war - ein Ausscheidungsfahren. Wie immer glänzten wir mit soliden konstanten Wattwerten... konnten wir tatsächlich alle Mitstreiter abhängen. Die Beine nun schon deutlich angeditscht aufgrund der vorangegangenen Etappen, drückten wir trotzdem noch das was die Beine hergaben. An einer der letzten Bergkuppen etwa 8km vor Ziel entdeckten wir das Team Scott Generation 1 vor uns, beflügelt davon legten wir gefühlt nochmal drauf. Die kurze Rampe wieder unfahrbar - schoben wir erneut, oben angekommen hatten wir Team Generation 1 eingeholt. Alle hatten zu kämpfen bei dieser brutalen Hitze!

Es ging auf Asphalt erst leicht gerade, später bergab Richtung Ziel, wieder fuhr ich von vorn und zog mächtig am Horn um Lücke zu reißen, der Plan ging auf! Wir schossen durch einen Ort um auf den erwähnten Ziel Crosscountry Trail einzubiegen, hoch - runter - rüber - nüber, man merkte die Linie wurde unsauberer die Konzentration ließ nach! In den letzten giftigen Rampen blühte Rudi Rocket nochmal auf und ich musste mich ganz schön Strecken um dran zu bleiben! Ich sah ein Schild mit Lavarone - unser Zielort! Letzte Rampe zur Zieldurchfahrt, Gas nochmal voll stehen lassen und ganz schön erschöpft nach 5h37min im Ziel gelandet. Zum Glück, unsere Flaschen waren restlos leer, mussten wir erstmal zur Zielverpflegung gehen und etliche Liter ungesunde Sachen Konsumieren ;-)

Schlussendlich ein zufriedenstellender 10. Tagesrang!
Schade das morgen unsere letzte Etappe nach Riva startet, macht das alles hier doch einen riesen Gaudi...