Montag, 4. Juli 2022

Transalp 2022 Etappe 2 Sillian - Bruneck 72km 2513hm

Die Nacht war unruhig, wir hatten Gewitter, ebenso erging es Eric - scheint er doch das hier an den Verpflegungspunkten zur Verfügung gestellte Iso nicht zu vertragen.

Der Wecker war auf 6.00 Uhr gestellt, zügiges aufstehen und unsere Blauen mit Startnummer gekennzeichneten Transalpkoffer packen war angesagt. Heut setzen wir nach Bruneck um, folglich müssen unsere Koffer 6.30Uhr vor dem Hotel liegen um vom Transportteam abgeholt und zum nächsten Hotel gebracht zu werden. Die nötigsten Sachen kommen in den kleinen mit unserer Startnummer beschrifteten Tagbeutel welchen wir im Startbereich bis unmittelbar vor dem Start abgeben können. Hat schon alles ein durchdachtes und Jahrelang erprobtes System bei dieser Veranstaltung! Lediglich an die Zeiten muss man sich halten, so kam ein Fahrer nach 6.30Uhr mit seinem Koffer aus unserem Hotel gestolpert aber die Abholung war schon durch - das bedeutet Problem!

Nach dem Frühstück holten wir unsere Bikes aus dem Depot, alles schick - die Räder waren noch da ;-). Kurzer Check ob noch genug Luft auf der Kette ist und ab ins Startgetümmel. Erster Gang war zur Ergebnistafel um uns in entsprechenden Startblock einordnen zu können... und siehe da, wir konnten unseren Augen kaum trauen, Startblock A1 also ganz ganz vorn. Das bedeutet natürlich Luxus früh, so genügt es erst kurz vor dem eigentlichen Start zu erscheinen - weil es dort kein Gedrängel gibt. An jedem Startblock Zugang steht ein Kommissär welcher die Startnummern kontrolliert, folglich stehen dort ausschließlich Fahrer die sich qualifiziert haben. Nun hieß es Trinkflaschen auffüllen, Tagestasche abgeben und ab in Startblock.
 
Punkt 9.00 Uhr erfolgte der Startschuss, verhältnismäßig Verhalten wurde gestartet. Die ersten 6 km ging es auf asphaltierten Radwegen hinter einem Führungsmotorrad her, das Fahrerfeld dicht aufeinander - genau das was ich überhaupt nicht mag, mein Puls bestimmt 10 Schläge höher als sonst... Hauptsache sitzen bleiben dachte ich. Immer wieder Vollbremsungen, das Geräusch von Reifen die sich aneinander Reiben und zum Schluss noch ein älterer Herr welcher mich mit der "Brechstange" auf dem Grünstreifen überholte und an meinen Lenker hingen blieb. Zum Glück bin ich sitzen geblieben! (der Überholer auch)

Die erste kurze steile Rampe wartete auf uns, Eric ca. 15m vor mir pedalierend kam gut durch, unmittelbar vor mir kam eine Frau aus dem Tritt und kippte um, ich fand keinen Weg dran vorbei also auch schieben für mich. In der darauffolgende Schotterabfahrt konnte ich wieder aufschließen zu Rudi und ab ging es in den ersten längeren Anstieg ca 400hm. Eric gab die Pace vor, wir pendelten uns bei etwa 10 Watt weniger ein als gestern - wussten wir das am Ende der Brecher Kronplatz wartet. Relativ viele Fahrer überholten uns - Ruhe bewahren und konstant abliefern war unser Motto. Die darauffolgende Schotterwegabfahrt war wieder Sau schnell, ein bisschen wie auf hoher See - vermitteln diese Passagen meist einen schwimmenden Eindruck. In Folge kam eine eher schnelle Passage von etwa 30km über Innichen, Toblach, Niederdorf, Salla und Niederolang mit wenigen anstiegen, größtenteils wurde auf Radwegen gebolzt. Der Plan war, eine schnelle Gruppe zu erwischen um ordentlich Tempo zu machen, in Sichtweite war auch eine Gruppe von etwa 6 Fahrern. Klar war sofort - dort wollen wir hin, ich spannte vor und habe ordentlich ins Horn geblaßen. Rudi machte sich möglichst klein und hängte sich in meinem Windschatten ran - Teamspirit pur! Das liegt uns! Durch 1000te Kilometer gemeinsam Radfahren brauchen wir da auch nicht groß kommunizieren, das funktioniert einfach! Die Gruppe erreichten wir dann nach dieser kräftezehrenden Einheit und genossen kurz selbst Windschatten. Zu meiner Freude waren 2 starke Fahrer aus einem Sächsischen Radteam "on board".

In etwa der Mitte dieser Flachpassage, die 1. Feedzone in Niederdorf - wir ohne Betreuer unterwegs waren darauf angewiesen anzuhalten. Eine denkbar schlechte Situation in dieser schnellen Passage - aber ohne Benzin läuft kein Motor. Ich füllte ebenso Rudis Flasche, er bediente sich am Buffet und fuhr weiter, als alle Flaschen woll waren fuhr ich hinterher - mit Abstand der letzte der Gruppe. Nun hieß es für mich "einmal all out" um erst Eric und dann die Gruppe wieder einzusammeln. Schnelle Flaschenübergabe an Rudi und nochmal ordentlich die Komfortzone verlassen;-), wieder gleiche konstellation ich vorn Eric möglichst in Aero Haltung dahinter. Tatsächlich schafften wir die Gruppe aufzufahren, nun musste ich aber erstmal Luft holen - war ich doch nicht mehr weit vom gut bekannten Kreuzblick Sydrom entfernt. Der Rest Flachstrecke wurde gemeinsam als Gruppe bewältigt, dabei machten aber unsere Sächsischen Freunde den größten Teil der Arbeit.

Es begann der Anstieg zum Furkelpass, mir ganz gut bekannt, weil bereits mit Susi in vorangegangenen Urlaub bewältigt. Die Gruppe zerfiel schon am Fuße der Rampe - hier fuhr jeder sein Tempo. 1100 hm hieß es hier am Stück bis zum Kulminationspunkt dem Kronplatz zu bewältigen. Eric gab wieder vor, recht "verhalten" wohlwissend was hier auf uns wartet. Zuerst noch auf Waldwegen unterwegs später auf Asphalt, kurz vor erreichen des Furkelpass nahm ich Rudis leere Flasche und fuhr vor. Unser Vogtländischer Betreuer Freund wartete bereits und attestierte uns eine gute Platzierung. Um vielleicht noch paar Sekunden schinden zu können steckte ich die volle Flasche in mein Trikot und weiter ging der Uphill Richtung Kronplatz. Diese Auffahrt ist uns bestens bekannt, vielfach sind wir dieses Schotterband schon hoch. Richtung St. Vigil hingen bedrohlich schwarze Wolken in den Bergen, Gewitter war vorhergesagt - so sollte es auch so kommen. Zu Beginn noch Tröpfelnd wurde es ganz langsam immer mehr. Die letzten 200hm in der Kronplatzauffahrt werden nochmal richtig ekelig, über 20 % Steigung bei mittlerweile 10 Grad Temperatur machen das Kneten doch unangenehm. Rudi läuft hier zur Höchstform auf, genau seine Bedingungen und so erreichen wir mit sehr gutem Schlussspurt den Kronplatz. Eigentlich beginnt genau jetzt die Party, Gewitter / Donner und mittlerweile Starkregen dämpfen die Euphorie. Der gebaute Downhill namens Herrensteig Trail Richtung Bruneck wartete auf uns, zum Glück haben diese Abfahrten auch bei Regen Grip ohne Ende! Mit Funfaktor 100 fräsen wir hinunter! 1200 Tiefenmeter feinstes steiles Trailmassaker, wir schienen auch zügig unterwegs zu sein... von hinten kam zu meiner Überraschung niemand und nach vorn sammelten wir nochmal gut ein! Gegen Ende wurde es aber doch noch unangenehm, die Kälte und Nässe vorderten von Mensch und Material nochmal alles ab! So waren wir froh als die Zielzeitnahme außerhalb von Bruneck kam und wir entspannt bei Sommerregen in diese schöne Stadt einrollen konnten.

Im Zielbereich angekommen hieß es schnell Tagbeutel holen und Regenjacke drüber, die Nässe und Kälte hatte uns derartig eingenommen das wir nur noch zur heißen Dusche wollten. Rudi gab sein Rad wie gewohnt bei Scott zum säubern ab, ich musste wieder selbst ran... so brauchten wir uns wenigstens nicht zanken wer zuerst Duschen darf ;-).

Als wir nach der großen Wäsche wieder auf dem Zielgelände ankamen und die Zielverpflegung zu genießen, gab es eine Mikrofon Durchsage "Rennabruch ab Zwischenzeitnahme Furkelpass". Richtige Entscheidung - bei diesen Bedingungen muss keiner auf den Kronplatz... und gleich garnicht den Downhill runter, zudem dann die Fahrer kommen, welchen es wahrscheinlich eh schwerer fällt.

Schlussendlich steht für uns heut ein 9. Platz in unserer Kategorie Men zu buche. Das bedeutet morgen wieder ganz ganz vorn stehen!