Donnerstag, 8. August 2024

Erzgebirgs-Bike-Marathon 2024

Der Erzgebirgs-Bike-Marathon stellt jedes Jahr aufs neue unser Saison-Highlight der "Ein-Tages-Events" dar. Das populärste MTB Rennen im Osten lockt jährlich unmengen Laktatjunkies am ersten August Wochenende ins Land der Nussknacker und Räuchermänner.

Wie so oft im Leben, wenn was besonderes ansteht, bereitet man sich besonders vor. So auch dieses Mal beim EBM, versuchten wir bestmöglich, vorbereitet am Sonntag früh um 9 Uhr an der Startlinie zu stehen. Unsere Alpenüberquerung lag nun 2 Wochen zurück, etwas zu kurz, um die positive Auswirkung des großen Trainingsreizes vollumfänglich mitnehmen zu können, aber alles in allem waren wir zwei in einer super Verfassung. Trotzdem kommen in der Woche vor dem Rennstart Fragen bei mir auf - habe ich dieses Jahr genug trainiert, habe ich intensiv genug trainiert, habe ich mir selbst genug Ruhe gegeben. Eine gewisse Art Aufregung macht sich breit, im Grunde geht es um nichts, der Sportler-Ehrgeiz und Wille dort abzuliefern ist aber groß! Da ich nichts dem Zufall überlassen wollte, packte ich recht spontan Mittwoch nach getaner Arbeit mein Rad in den Kofferraum, um eine Strecken-Inspektion durchzuführen. Unter für mich perfekten Bedingungen, bei Temperaturen um 30 Grad, absolvierte ich eine Runde auf der staubtrockenen Rennstrecke. Bereits beim Passieren der Startwiese summte in meinem Kopf die Melodien von "Manowar-Warriors of the World", gehört dieses Lied einfach zum EBM!

Beim absolvieren der Strecke selbst kennt man fast jeden Pfad und verbindet es mit durchweg angenehmen Erinnerungen vergangener Rennteilnahmen in Seiffen. Besonders den dazugekommenen Streckenabschnitt um die neu geschaffene Erzalm in Seiffen analysierte ich dabei genau. Wie der Zufall so wollte, saß Senior Chef und seines Zeichens Erfinder des Erzgebirgs-Bike-Marathons G. Dietze unter einer großen Kastanie der Erzalm, ich nahm mir Zeit und gesellte mich zu einem Plausch dazu. Aus einem Plausch wurde ein längerer Dialog, welcher kurzweiliger hätte nicht sein können und ich konnte dabei spüren, dass mit sehr viel Herzblut die Organisation dieses Events 2024 zum 32. Mal durchgeführt wird!

Die Nacht auf Sonntag verlief dann hingegen suboptimal, zum einen weil ich am super leckeren Buffet der Einschulungsfeier am Vorabend wohl wiederholt die Bedeutung des Carboloading zu ernst genommen habe, zum anderen riss mich des nächtens ein Starkregen und folglicher Wetterumschwung aus meinem Schlaf. Die ganze vergangene Woche war Sonnenschein und Hitze, so wie ich es mir wünsche und ausgerechnet am Rennsonntag soll es wiederholt zu 2023 in eine Schlammschlacht ausarten?!

Der morgendliche Blick aus dem Fenster attestierte das, was bereits klar war, riesige Pfützen auf dem Hof. Schlagartig ging meine Lust, Rennen zu fahren, gegen Null. Der erhebliche Mehraufwand in der Nachbereitung und der dadurch extrem gesteigerte Verschleiß am Bike lässt mich ernsthaft darüber nachdenken, dem Rennen nur als Zuschauer beizuwohnen.
Die Handgriffe saßen, schnell wurden die restlichen Utensilien im Auto verstaut und ab ins Weihnachtsland. Treffpunkt für Eric und mich war wie jedes Jahr der Pennyparkplatz am Ortseingang, zu meiner großen Freude stand auch Frohnatur und Sportfreund Tobi K. mit Startnummer am Lenker parat! Wie jedes Jahr waren wir zeitig dran, genügend Zeit für eine ausgiebige Begrüßung und Smalltalk. Zu meiner Verwunderung äußerte Eric sich ebenfalls kritisch zu den extrem feuchten Bedingungen, mag er es erfahrungsgemäß eigentlich eher nass und kalt, teilt er aber mittlerweile meine Gedankengänge.

Ein erstes positives Zeichen war dann, dass eines dieser blauen Häuschen mit weißem Dach nach mir verlangte. Hat sich dies interessanter Weise in der Vergangenheit als Indikator für ein positives befinden und einen entsprechend guten Rennverlauf herausgestellt. So war mir nach erfolgreicher Verrichtung dann klar, heute wird gestartet und es gibt kein Zurück! Ein kurzes warm Rollen folgte und schon schob Eric sein Rad in den Race-Startblock, ich konnte den Luxus des Elite Startblocks - aufgrund letztjähriger Ergebnisse - genießen, quasi die erste Reihe des riesigen Starterfeldes und es genügt erst unmittelbar vor Rennbeginn sich dort einzureihen. Ein für mich sehr angenehmer Status, den ich sehr zu schätzen weiß und entsprechend genieße.

Kurz vor 9 Uhr schallte dann wie jedes Jahr das Startlied von Manowar aus den Boxentürmen "Warriors of the World" so der Titel - jeder, der schon einmal beim EBM gestartet ist, weiß was das heißt! Der Körper reagiert sofort beim erschallen dieses Liedes, der Ruhepuls verdoppelt sich schlagartig, die Nackenhaare stellen sich auf, jede Synapse und Faser im Körper strafft sich! Mit dem Ende des Liedes setzt sich der riesige Tross in Bewegung, ich versuche im Gedränge ganz vorn dran zu bleiben. Die ersten Kilometer bis auf die Hauptstraße in Seiffen werden neutralisiert hinter einem Führungsfahrzeug gerollt, bevor mehrere Schüsse bei voller Fahrt den "scharfen Start" signalisieren. Zunächst wird eine Einführungsrunde durch den Ort gefahren, um das Fahrerfeld zu strecken, bevor es auf die eigentliche Strecke geht. Mit ordentlich Zug auf der Kette und hier bereits weit in dem Bereich, wo man bereits beginnt, ordentlich die Rüstung zu verbiegen, konnte ich ganz vorn dran bleiben.
In der ersten Auffahrt am Alp de Wettin, musste ich dann schon ganz schön tief gehen, um in Schlagdistanz zu bleiben, fallen mir diese anfänglichen Spitzen jedes Mal aufs neue schwer. Gewissermaßen bin ich ein Spätzünder, die erste Rennstunde ist für mich meistens die härteste.

Beim Einbiegen in die ersten Trails hatte ich dann eine etwas unglückliche Ausgangsposition, ich hätte deutlich schneller fahren können, aber ein sicheres vorbei kommen unmöglich. Rückblickend war das sicher schon ein Schlüsselmoment, als ich dann überholen konnte, war nach ganz vorn bereits die Messe gelesen. Im Alleingang holte ich dann 2 kleine Gruppen, hauptsächlich Kurzstreckler ein und überholte zügig. Es hefteten sich ein paar Mitstreiter an meine Fersen und so absolvierten wir Kilometer um Kilometer. Im Asphaltanstieg nach dem Seiffener Grund erwartete mich Eric's Freundin Sarah, auf etwa der Hälfte der Runde, mit einer frischen Flasche.
Die Beschaffenheit der Strecke war in Runde 1 sehr nass, aber noch okay, der klebrige Schlamm setzte Mensch und Material hier aber bereits zu. Ich fuhr recht konstant nach den mir üblichen Wattwerten, mal eine größere Lücke nach hinten, mal wieder mit Anhang, nach vorn leider niemand in Sichtweite. Ich selbst konnte mir keine richtige Platzierung zuordnen, hatte ich den Überblick verloren, in der zweiten Auffahrt am Alp de Wettin kristallisierte sich dann schnell heraus, wer Kurzstrecke gemeldet hatte. Hier verschossen jene dann ihre letzten Körner, umringt von hunderten Schaulustigen ist dieser Uphill zweifelsohne ein Highlight der Veranstaltung!

Ich behielt aber kühlen Kopf und fuhr konsequent meinen Stiefel, immerhin stand noch eine Runde an. Langzeitfreundin Susi wartete bereits mit einer neuen Trinkflasche und attestierte mir Platz 4, dabei war mir bewusst das noch viel passieren kann. In Runde 2 änderte sich dann die Streckenbeschaffenheit enorm, tiefer zerfahrener Schlamm wartete nun, die Auffahrten und Trailpassagen wurden zur fahrtechnischen Herausforderung! Besonders die Uphills verlangten ein glückliches Händchen, um alles fahrend bewältigen zu können. Viele Kurbelumdrehungen wurden lediglich in Schlupf umgewandelt, nicht in Vortrieb. Wiederholt im Seiffener Grund eine Flasche bei Sarah tauschen und Abfahrt, Sportfreund A.K.M. gab mir freundlicherweise noch ein schnelles Feedback der Abstände nach vorn und schon begann die letzte Rundenhälfte. Ein Tschechischer Marathoni erwies sich als äußerst hartnäckig und ließ sich als einziger nicht abschütteln, von der Statur bedeutend kräftiger als ich, war mir klar, wenn es zum Zielsprint kommt, ziehe ich den kürzeren! Zusätzlich habe ich aus dem vergangenen Jahr gelernt und wollte alles möglichst "zeitig klären", in der extrem rutschigen Auffahrt zur Erzalm konnte ich dann die entscheidende Lücke reißen und bis ins Ziel gut ausbauen.

In der 3. und letzten Auffahrt der Alp de Wettin gab mir Susi dann freudestrahlend den Hinweis 3. Platz! Nach hinten niemand in Sichtweite konnte ich die letzten Kilometer Richtung Ziel regelrecht genießen, dort wurde ich dann mit dem Lied von Manowar empfangen! Ein tolles Rennen unter epischen Bedingungen war geschafft!

Schlussendlich konnte ich den 3. Platz Gesamt, sowie den 2.Platz der AK Masters 1 der Mitteldistanz verbuchen.
Für Eric lief es ebenfalls sehr gut, auch er konnte sich super im stark besetzten Langstreckenfeld behaupten und belegte den 14. Platz Gesamt sowie den 5.Platz der AK Masters 2.

Im Ziel dann viele bekannte Gesichter, nette Gespräche aber leider Unmengen von Wespen! Zur Siegerehrung gab es für mich dann passend zum Thema, wie könnte es anders sein, einen "Räucherbienenstock" aus Seiffener Herstellung! Die Freude über diese originellen Preise ist ein alljährlicher Höhepunkt für uns und motiviert zusätzlich maximal zu performen, auch um der Freundin stolz die Errungenschaft präsentieren zu können und so vielleicht wiederholt die Freigabe bekommt ein weiteres Jahr so ausgiebig Sport treiben zu können... die Zeichen stehen gut!
Zusätzlich ist der Start beim EBM 2025 für mich verpflichtend, schließlich feiere ich nächstes Jahr am ersten August Wochenende dort meinen 10. Start auf der Mitteldistanz, vielleicht ist das Glück auf meiner Seite und mir gelingt es beim Jubiläum mal das Ding abzuschießen ;-)

Falls durch Zufall hier Biologen, Imker oder andere Naturfreunde mitlesen die mir eine schlüssige Erklärung für die diesjährige Überpopulation der Gelb/Schwarz geringelten Stechflügler liefern können, wäre ich sehr dankbar!

Nun heißt es für uns Fahrräder nochmals genaustens zerlegen und servicen, bevor es am Sonntag, den 18. August, nach Graubünden in die Schweiz zum nächsten Etappenrennen "Swiss Epic" geht - seit gespannt, wir werden berichten!

@fotografieren24