Freitag, 24. März 2023

Cape Epic Etappe 5

Die Königsetappe stand an - 102km und 2450hm - von knietiefen Bachdurchfahrten, verstellten Schaltwerken und Bremsbelägen, die keine mehr waren.

Die Nacht verlief wiederholt gut, der Haferschleim schmeckte und die "After-Race-Schnitten" waren geschmiert. So oder so ähnlich beginnt auch zu Hause der Arbeitstag, muss man vielleicht einfach an Bewährten festhalten?! Aufgrund unserer gestrigen guten Nährstoffzufuhr merkte ich am heutigen Morgen erstmalig die Beine kaum, so zumindest beim ersten Aufstehen und Treppen gehen. Ein gutes Zeichen und bewahrheitet wieder den Spruch "nutrition is key"! Sicher wird sich unsere mittlerweile liebgewonnene, allabendliche Massage ebenfalls positiv auf die Erholung auswirken.

Während des Frühstücks peitschte übler Regen an die Fensterscheiben, es regnete bereits die ganze Nacht, nicht meine Bedingungen. Auf der Fahrt zum Race Village deuteten schon erste größere Schlamm und Stein Teppiche auf der Straße das an, was uns heut noch öfter erwarten sollte. Im Renngelände angekommen die gewohnten Handgriffe, schnell noch meine Bremsbeläge vorn gewechselt und ab ging es in den Startblock. Beim Aufstellen dann die Durchsage, das Verpflegungspunkt 2 ausfällt, der LKW würde feststecken... gefühlt steckte auch auf dem Eventgelände jeder fest, der kein Allrad hat. Auch die Campschläfer in ihren Zelten waren nicht zu beneiden, viele hatten Probleme mit Wassereinbruch. Aufgrund unserer gestrigen guten Leistung durften wir heut erstmalig im Block A Starten, unserer defensiven Fahrweise entsprechend, sortierten wir uns weit hinten ein. Der Plan sah vor, wiederholt ruhig zu starten, um bestenfalls hinten raus nochmal zuschlagen zu können. Dies setzten wir auch perfekt um, so waren wir nahezu die letzten unserer Gruppe beim hineinfahren in den "langen" Anstieg zum Grönlandberg. Es gab keine Wege mehr, alles war ein einziger Bach. Der herrschende Starkregen hatte alles überflutet, unvorstellbar! Bilder wie beim Hochwasser Zuhause. Die zu fahrenden Wege verwandelten sich in ausgewaschene Bäche und so ließen sie sich auch fahren, sehr technisch anspruchsvoll und unheimlich kraftraubend. Immer wieder Bachdurchfahrten, welche so tief waren das der Tretlagerbereich weit unter Wasser war, eigentlich wollte ich sowas mal nie machen, kam heute aber nicht drum rum. Weiß ich doch um den extremen Materialverschleiß solcher Aktionen! Die Räder knirschten und knacksten aus allen möglichen Ecken, eine unglaubliche Materialschlacht! Das Wasser gepaart mit dem vorherrschenden Sand ergibt eine fürchterliche Mischung.

Im Anstieg zum Gipfel zahlte sich schnell unsere defensiv Fahrweise aus, so überholten wir Team um Team. Am Kulminationspunkt angekommen, hatten wir unglaublich viele hinter uns gelassen, auch das erste Deutsche Team der Amateurwertung konnten wir überholen, es lief wieder rund. Die wunderschöne Landschaft dort oben auf etwa 1100 m.ü.N. auf dem Grönlandberg ähnelt Norwegen sehr, so musste ich gleich an vergangene Angelurlaube im hohen Norden denken und hatte so, trotz des miesen Wetters, ein Lächeln im Gesicht. Es ging in den langen Downhill, mittlerweile schien die Sonne hinter den Wolken hervor, leider direkt von vorn, diese Mischung gepaart mit verschmutzter Brille ergab ein sehr eingeschränktes Sichtfeld und ließ die eh schon schwere Linienwahl zum Pokerspiel werden. Die Wege derart ausgewaschen, musste man möglichst die größten Steine umzirkeln, um keine Defekte zu erleiden, ansonsten hieß irgendwie eine Spur finden und hinab rutschen. Wieder kreuzten knietiefe Bachläufe die Trails, unvorstellbar! Der letzte Teil der Abfahrt war bedeutend schneller, aber auch sehr grob, als mich plötzlich zwei südafrikanische Teams überholten, Eric hing sich ran. Mir war dies zu heiß, ließ ich alle fahren mit dem Wissen - der nächste Uphill kommt bestimmt. Im Tal angekommen, konnte ich zu Eric aufschließen und auch er war erstaunt, über das unglaubliche Tempo des Songo Spezialized Teams.

Ein kurzer Uphill folgte und wir hatten alle zuvor genannten Akteure schnell wieder eingesammelt, so ging es in eine schnelle Schotterabfahrt. Wir fuhren auf ein Team auf und hatten gut Tempo, Eric hinter mir, vernahm ich plötzlich den laut von sich aneinander reibenden Profil und kurz darauf ein unschönes Geräusch. Ich drehte mich um und sah das, was ich nicht sehen wollte... Eric war gestürzt, er richtete sich wieder und sammelte sich erstmal, Brille, Uhr, Trikot und Hose kaputt, aber Eric ist ganz! Aufatmen zum Glück!!! Es dauerte etwas bis er alles eingesammelt und über den Verlust seiner Uhr hinweg war, dann konnten wir weiter. Etwa 10 Teams überholten uns dort, alles egal, Hauptsache Eric ist fit! Wir fuhren weiter und stellten fest, die Schaltung an seinem Rad funktionierte nur noch bedingt und beschlossen so bis zur nächsten Verpflegungsstelle nebst Service Station zu fahren. Dort angekommen, tauschten wir unsere Flaschen, genehmigten uns Cola und Kuchen und ließen Eric's Schaltwerk einstellen/richten.

Die Fahrt ging nun auf allen Gängen bei Eric weiter. Unsere Schaltwerke gingen generell nur noch bedingt knackig, ist das nach so einem Tag aber wahrscheinlich das normalste der Welt. Unser Speed war etwas raus, wir waren aus dem Flow gekommen und fuhren allein auf weiter Front. Folgte nun eine längere Tragepassage, abwärts auf einer Art Geröllbach. Unfahrbar für alle und explizit als Tragebereich ausgeschrieben! Im Tal angekommen machten wir nochmals Meter und konnten wiederholt auf das Scott Team um Thomas Frischknecht aufschließen, gemeinsam fuhren wir bis zum letzten Verpflegungspunkt. Ab dort konnten wir ein paar mehr Watt umsetzen und die Paarung fiel schnell aus dem Windschatten. Vorbei an einer Kulisse welche mich mehr an Südtirol und die 3 Zinnen erinnerte als an Südafrika, traumhaft schön!

Das Höhenprofil Richtung Ziel war nun tendenziell fallend und ab dem Wegweiser "10 km to go" mobilisierten wir nochmals alle Kräfte, es gelang uns noch 2 Teams einzusammeln und finishten schlussendlich auf Platz 11 bei den Amateuren. Glück im Unglück kann man sagen. Wäre heute alles glatt gelaufen, hätten wir ein sehr beachtliches Ergebnis erreichen können, wir hätten die passende Verfassung gehabt!
Morgen ist ein neuer Tag!

Nachdem wir uns im nun neuen Hotel geservicet haben, sind wir nochmals Richtung Eventgelände, um nach unseren Bikes zu schauen, nach diesem Tag mehr als notwendig. So baute ich meine Kurbel aus, weil ich schon ahnte was mich erwartet, dies traf auch ein - 1cm Wasser im Tretlagergehäuse! Bei mir die Bremsbeläge nun hinten runter und bei Eric rieb an beiden Bremsen nur noch Metall auf Metall. So schnell haben wir noch nie Bremsbeläge vernichtet! Im Anschluss sprachen wir mit einigen, die auf der Strecke ihre Beläge tauschen lassen mussten, weil nichts mehr da war. Nun hoffen wir auf gute Erholung, um morgen wiederholt maximal performen zu können! Hoffen wir auf besseres Wetter und trockene Bedingungen, wir haben Bock!